„Die Bundesregierung darf Patentierungspraxis nicht weiter tatenlos zusehen“

Schon wieder hat das Europäische Patentamt ein Patent auf eine Pflanze aus konventioneller Züchtung erteilt (EP2140023), obwohl sich der Deutsche Bundestag und das Europäische Parlament klar gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren aus konventioneller Züchtung ausgesprochen haben.

Neben Tomaten und Brokkoli geht es nun um eine Chili-Pflanze. „Die Bundesregierung wird ihrer Verantwortung in keiner Weise gerecht, wenn sie seit Jahren tatenlos dieser Entwicklung zusieht, obwohl es klare Beschlussfassungen des Gesetzgebers gibt. Seit Monaten werden Präzisierungen im deutschen Patentrecht verschleppt, die jedoch dringend benötigte Auslegungshilfen ermöglichen würden“, so der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch, der seit Jahren gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren eintritt. „Die Ministerinnen Leutheusser-Schnarrenberger und Aigner ducken sich weg, obwohl sie auf europäischer Ebene wichtige Impulse geben müssten. Es kann nicht sein, dass sich das Patentamt weiter auch aus Gebühren der erteilten Patente finanziert und dass kein wirkliches unabhängiges Kontrollgremium besteht“, so Miersch.

„Was wir brauchen ist eine Grundsatzdiskussion über Rechte an Nahrungsmitteln, die möglicherweise neben der aktuellen Patenterteilungspraxis auch auf europäischer Ebene nach Vorlage der Saatgutregeln durch die Europäische Kommission im Parlament beginnen könnte“, so Miersch, der vor Jahren als Anwalt Landwirte vertreten hat, die für den Erhalt der Kartoffelsorte Linda kämpften. „Mit dem Patentrecht, dem Sortenschutzrecht und dem Saatgutverkehrsrecht gibt es drei unterschiedliche Rechtsmaterien, die in den letzten Jahren zu Lasten der Verbraucher und Landwirte weiter entwickelt wurden. Wir haben mit dem Sortenschutzrecht an sich ein völlig ausreichendes Instrumentarium, ohne dass wir das Patentrecht brauchen. Das Saatgutverkehrsrecht sollte ursprünglich der Ernährungssicherung dienen. Bei einer alten Sorte, die über zwanzig Jahre auf dem Markt gewesen ist, eine erneute Zulassung zu verlangen, ist genauso überflüssig. Insoweit ist eine ganzheitliche Betrachtung der unterschiedlichen Rechtsmaterien erforderlich, um den verschiedenen Interessen gerecht zu werden“, so Miersch abschließend.