Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Genossinnen und Genossen,
diese Zeilen schreibe ich, während in den USA die Stimmenauszählung läuft, der Ausgang völlig offen ist und ein amtierender Präsident Wahlgrundsätze offenbar in Frage stellt. Die politische Welt wird kräftig auf die Probe gestellt. Das gilt auch für die Corona-Pandemie, die nunmehr mit voller Wucht zurück ist. Ich kann die Vorgänge in den USA hier noch nicht ausreichend beurteilen, so dass ich mich auf die Corona-Pandemie konzentrieren möchte:
Der Teil-Lockdown wird kontrovers diskutiert. Ich habe an dieser Stelle in den letzten 15 Jahren immer versucht, meine Sicht auf die Dinge zu schildern, da ich den Anspruch habe, als Abgeordneter des Deutschen Bundestages transparent und nachvollziehbar mein Wirken darzustellen. Ich kann heute nicht absehen, wo wir in drei Wochen oder in drei Monaten stehen werden. Allerdings beobachte ich aufgrund der Zuschriften und der Gespräche erneut die zunehmende Polarisierung unserer Gesellschaft in den einzelnen Meinungsäußerungen (vielleicht auch ein Trend, der bereits in den USA schon lange zu beobachten ist). Während einige noch viel strengere Maßnahmen fordern, können viele die Schließung von Restaurants etc. nicht nachvollziehen. Es ist äußerst schwierig, angesichts der fehlenden Blaupause für eine derartige Lage (die Spanische Grippe ist nicht auf eine derart globalisierte Welt gestoßen) den unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen Rechnung zu tragen. Ich möchte dennoch versuchen, meine Einschätzung zu schildern und meine Aktivitäten der letzten Wochen zu erläutern:
- Neben der Beschäftigung mit den großen energie- und umweltpolitischen Fragestellungen habe ich bereits vor ein paar Monaten mit einigen Kolleginnen und Kollegen begonnen, an einer Positionierung der SPD-Bundestagsfraktion zur Einbeziehung der Parlamente in die weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu arbeiten. Während in den ersten Monaten das Infektionsschutzgesetz aus Sicht vieler Experten eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage beinhaltete, schwindet die Legitimation zum Erlass von Rechtsverordnungen durch die Exekutive mit zunehmendem Zeitablauf. Wir haben insoweit mehrere Fachgespräche mit Verfassungsjuristen durchgeführt, die nun in einer Positionierung der Fraktion „Rechtssicher durch die Corona-Krise“ mündeten, die hier https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/fraktionsbeschluss_rechtssicher_corona-krise_20201103.pdf abrufbar ist.
Nach langem Zögern ist nun auch die CDU/CSU-Fraktion bereit, gesetzliche Änderungen vorzunehmen, so dass wir im Deutschen Bundestag in den kommenden Wochen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes diskutieren und sicher vornehmen werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, dass wir uns als Fraktion natürlich in den letzten Monaten immer eng mit unseren Regierungsmitgliedern ausgetauscht haben und selbstverständlich auch auf Inhalte von Verordnungen oder Förderprogrammen Einfluss genommen haben. So haben wir rund 27 Gesetze mit Corona-Bezug beschlossen und mehr als 70 Plenarbefassungen durchgeführt.
- Zentral erscheint mir, so transparent wie möglich den offenen Diskurs zu führen. Das darf nicht nur in Talkshows geschehen. Allerdings haben wir in der letzten Sitzungswoche im Bundestag gesehen, wie schwer die differenzierte Debatte gerade auch dann ist, wenn Teile des Parlaments in populistischer Art und Weise den sachlichen Diskurs verlassen. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass der fachliche Streit über den besten Weg offen ausgetragen werden muss, um dann auch beschlossene Maßnahmen vertreten zu können. Ich will nicht verschweigen, dass mir die eine oder andere Maßnahme auch nicht angemessen zu sein scheint. Zahlreiche Gerichtsentscheidungen belegen insoweit, dass die Gewaltenteilung in Deutschland funktioniert und hier wichtige Kontrollinstanzen wirkungsvoll existieren. Begründungswidersprüche werden jedoch sicher auch bleiben, wenn es eine stärkere Beteiligung der Parlamente gibt, wenngleich sowieso die Exekutive einen Spielraum bei der Auswahl geeigneter Maßnahmen haben muss. Entscheidend ist jedoch, dass die jeweilige Ebene, die entscheidet, dieses auch mit der notwendigen Transparenz und Begründung macht.
- Es ist richtig, dass der Staat und damit wir alle denjenigen helfen, die nun wieder von Schließung betroffen sind. Viele Gastronomen erkennen auch diese Hilfen an und schildern, dass sie sicher 75 Prozent des Umsatzes 2019 dieses Jahr nicht erreicht hätten. Allerdings sind damit noch all diejenigen nicht erfasst, die in der Gastro- oder Reisebranche abhängig beschäftigt sind und vor allem von Trinkgeldern leben. Es gibt auch noch keine ausreichenden Regelungen für von der Schließung mittelbar Betroffenen, z.B. in der Kulturszene. Wir müssen als Gesellschaft aber gerade jetzt die Empathie für all diese besonders betroffenen Gruppen aufbringen, um den Zusammenhalt nicht zu gefährden. Hier fehlt mir an einigen Stellen das Bewusstsein für die jeweils betroffene Gruppe. Ich hoffe sehr, dass ich in den kommenden Tagen hier detailliert über neue konkrete Hilfen berichten kann:
- Bei aller Unsicherheit der Lage fehlt mir der angemessene Diskurs über die Perspektive. Reicht die Fahrt auf Sicht? Ist vielleicht diese Art der Herangehensweise die einzig vertretbare? Ich würde bereits jetzt offen über die Aussichten der folgenden Monate nachdenken wollen. Wird die Wellenbrechermethode die einzige in den kommenden Monaten sein? Können wir die zunehmend hoffentlich zur Verfügung stehenden Testkapazitäten nicht nutzen, um den Alltag ohne flächendeckende Schließungen wieder zu ermöglichen? Welche Rolle können Impfmöglichkeiten spielen, ohne zu viel Hoffnung auf den schnellen Durchbruch in Aussicht zu stellen? Das Leben mit dem Virus wird zu organisieren sein. Diese Perspektive ist mir bislang zu wenig ausgeprägt in der Diskussion. Ein Teil-Lockdown wird diese Perspektive nicht liefern, sondern kann allenfalls zur Stabilisierung des Gesundheitssystems beitragen.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Genossinnen und Genossen,
bereits im Frühjahr habe ich vermehrt auf digitale Formate zur Kommunikation zurückgegriffen. Während der Sommertour haben wir dann versucht, persönliche Begegnungen mit Betroffenen und am Infostand zu ermöglichen. Wir werden nun wieder stärker zu den digitalen Angeboten zurückkehren und diese über die unterschiedlichen Kanäle ankündigen. Auch werden wir dort nun wieder direkt über Hilfsprogramme informieren:
- Presse
- Homepage <https://www.matthias-miersch.de/>
- Facebook <https://www.facebook.com/miersch.matthias/>
- Instagram <https://www.instagram.com/matthiasmiersch/?hl=de>
Ich hoffe sehr, mit dieser Persönlichen Erklärung wieder direkt einen Einblick in mein Denken und Wirken gegeben haben zu können.
Bleiben Sie, bleibt Ihr bitte gesund!
Herzliche Grüße
Ihr/Euer
Matthias Miersch MdB